Aaseher Winter 2004/2005: Sportler in der Literatur

Sportler in der Literatur
Der Reservetorwart

Burkhard Spinnen lebt als freier Autor in Münster. Vor wenigen Wochen ist sein neuestes Buch mit dem Titel "Der Reservetorwart" erschienen. Sicher ein guter Tipp für ein paar gemütliche Stunden nach dem Sport an langen Winterabenden. Für den Aaseher beantwortete Spinnen 10 Fragen zum Buch und seiner Person.

Der Reservetorwart fristet meist ein Schattendasein. Selbst die Ersatztorhüter der Bundesligisten sind in der Öffentlichkeit zumeist unbekannt. Bei Ihnen wird der Reservetorwart zum "Titelhelden". Wie sind Sie darauf gekommen?
Ich habe ein Buch mit 24 Geschichten über Männer geschrieben, die versuchen, in der Mitte zu bleiben. Das klingt langweilig, ist aber schwierig und endet manchmal sogar katastrophal. Mein Reservetorwart hat es aufgegeben, ein Star werden zu wollen. Als er dann einer wird, bekommt er Probleme. Man kann darunter leiden, dass sich der Lebenstraum nicht erfüllt. Aber dieses Leid kann auch Grundlage einer zufriedenen Existenz sein

Welche Beziehung haben Sie privat zum Sport? Sind Sie selbst aktiv?
Leider nicht aktiv. Aber begeisterter Zugucker. Besonders Fußball.

Stellen Sie sich vor, Sie wären Fußballer. Welche Position würde am ehesten zu Ihnen passen?
Natürlich Regisseur. Oder der Mann, den man ansieht, wenn es einen Freistoß an der Strafraumgrenze gibt. Oder doch Reservetorwart?

Was hat Sie nach Münster verschlagen?
Die Zentralvergabestelle für Studienplätze. Aber die hätte mich nicht in Münster gehalten. Das hat zuerst meine Frau getan. Später sogar die Stadt selbst.

Was sind die Meilensteine in Ihrer Karriere als Schriftsteller?
Der erste eigene Text, den ich wirklich gut fand (um 1984). Das erste Buch "Dicker Mann im Meer" (1991). Und mehrere Literaturpreise, anlässlich derer man mir gesagt hat, ich solle ruhig weitermachen.

Zurück zum Buch. Viele der dort beschriebenen Charaktere kommen durch an sich positive oder relativ banale Ereignisse vollkommen aus dem Tritt. Der Resevetorwart wird zur Nummer 1, Bendewaldt hat keine Theorie der Prosa, Fribeck bekommt eine Glatze, später wachsen ihm wieder Haare, ... Sind Ihre Figuren Verlierer?
Sagen wir: sie arbeiten an der Definition von "Verlierer". Außerdem haben sie weniger ein Problem mit dem Kämpfen als mit der Frage, wie man sich richtig dem Kampf stellt. Oder ob man das überhaupt tun sollte. Nicht zu kämpfen hat eine humane Dimension!

Halten Sie das Problem, mit Veränderungen umzugehen, für ein typisch deutsches Problem?
Ja! Dabei haben wir Deutschen der Welt im letzten Jahrhundert die schrecklichsten Veränderungen zugemutet. Vielleicht aber in der Absicht, alles auf immer beim Alten zu lassen. Ich glaube, eine Gesellschaft, die sich mehr aufs Kinderhaben einlassen würde als unsere, könnte mit Veränderungen besser umgehen.

Ihre Helden könnte man als gewöhnliche Bürger bezeichnen. Im Kontrast dazu steht die bunte Vielfalt ihrer Namen, die nicht unbedingt alltäglich sind. Wie kommen Sie auf diese Namen?
Da sind Sie mir, bzw. meinen Figurennamen, aufgesessen. Die stammen nämlich überwiegend aus den Telefonbüchern dieser Gegend. Sie sehen: das Ungewöhnliche gibt es ebenso wie das Unwahrscheinliche. Jede Woche wieder ein Lotto-Millionär!

Welchen Schriftsteller und welchen Sportler halten Sie persönlich für besonders herausragend?
Schriftsteller sehr viele, zu viele um sie aufzuzählen. Ich halte Literatur grundsätzlich für eine wunderbare Sache und das Lesen für eine fantastische Beschäftigung. Da kommt es erst in zweiter Linie auf das Was an. An Sportlern schätze ich besonders, wenn sie es schaffen, mit dem großen, aber kurzen Ruhm besonnen umzugehen und sich in Würde zu verabschieden.

Was sind Ihre drei Lieblingsbücher?
Eigentlich immer die letzten drei, die ich gelesen habe, weil sie mich noch bewegen und weil sie mich zum Nachdenken und zu Gesprächen auffordern.

Burkhard Spinnen
Der Reservetorwart
Schöffling & Co. Verlagsbuchhandlung
ISBN 3-89561-040-2

Weitere Veröffentlichungen von Burkhard Spinnen u.a.:
"Langer Samstag", "Dicker Mann im Meer", "Belgische Riesen", "Bewegliche Feiertage", "Lego-Steine"