Visionen entwickeln Der Rat der Stadt Münster hat Ende letzten Jahres auf Grundlage eines externen Gutachtens ein Bäderkonzept verabschiedet, bei dessen Umsetzung aus Kostengründen einige Hallen- und Freibäder geschlossen werden sollen. Betroffen ist unter anderem auch das im Geistviertel am Inselbogen gelegene Stadtbad Süd. Über die Situation des Südbads sprach Silke Rommel mit Katrin Liebert, Sprecherin der Bürgerinitiative (BI) "Rettet das Südbad" und Vorsitzende des Fördervereins "Bürgerbad Münster Süd e.V.", sowie Georg Heinrichs, Mitglied im Sprecherteam der BI und 2. Vorsitzender des Fördervereins. Frau Liebert, warum hat sich die Bürgerinitiative gegründet? KL: Ganz einfach, um das Südbad zu retten. Es geht aber nicht allein um das Südbad, die BI stellt das ganze Bäderkonzept in Frage. Sind zum Beispiel auch die von Schließung bedrohten Freibäder zu retten? Nach Vorstellung des Bädergutachtens blieben den Bürgerinnen und Bürgern nur drei Wochen Zeit, um sich vor dem Ratsbeschluss aktiv gegen die Bäderschließungen zu äußern. Die Art und Weise des Vorgehens hat uns geärgert. Es gab keine Chance, um mitzureden und zu verhandeln. Deshalb wurden in kürzester Zeit noch vor dem Ratsbeschluss Unterschriften zum Erhalt der Bäder gesammelt. Insgesamt rund 8.000 Unterschriften, 1.000 für den Erhalt der Bäder in Handorf, 1.000 für das Bad in Amelsbüren und 6.000 für das Südbad. Nachdem der Rat das Bäderkonzept unverändert beschlossen hatte, blieben uns noch drei Monate zur Sammlung von Unterschriften für ein Bürgerbegehren. Herr Heinrichs, wer steht hinter der BI "Rettet das Südbad"? GH: Die BI ist spontan von 20 Leuten gegründet worden. Es wurde geguckt, mit wem man noch zusammenarbeiten kann. Allein im Umkreis des Südbads liegen 11 Schulen. Wir haben daher den Kontakt zu den Elternvertretern gesucht. Anfang Dezember haben wir mit 30 bis 40 Leuten die gesammelten Unterschriften abgegeben. Nach dem Ratsbeschluss für das Bäderkonzept stießen die DLRG und die IG Schwimmen dazu. Es gab Gespräche mit allen Ratsparteien außer der FDP. Unterstützung haben wir nur von den Oppositionsparteien erhalten. Wie könnte nach Meinung des Fördervereins die Zukunft des Südbads aussehen? GH: Der Förderverein "Bürgerbad Münster Süd" möchte, dass das Südbad als Bürgerbad erhalten bleibt, aber mit Unterstützung der Stadt, z.B. durch städtische Trägerschaft. KL: Der Sport-Dezernent der Stadt Dortmund hat unterschiedliche Modelle der Bürgerbeteiligung an den Bädern seiner Stadt vorgestellt. Wir wissen noch nicht, wo genau die Reise für das Südbad hingeht. Man braucht Zeit, um Visionen zu entwickeln, um zu schauen, was gemacht werden kann. GH: In NRW gibt es ungefähr 50 solcher Bürgerbäder, bei denen Bürger mit Unterstützung der Kommunen gemeinsam eine Lösung gesucht und gefunden haben. Zum Beispiel Senkung der Personalkosten durch ehrenamtliches Engagement, Einsparungen bei den laufenden Unterhaltskosten durch energetische Sanierung, Mehreinnahmen durch flexiblere Öffnungszeiten und Ausbau der Bäder zu Treffpunkten. Vielleicht findet sich auch ein Investor. Möchte der Förderverein, dass Bademeister entlassen werden? GH: Ganz ohne Profis wird ein Bürgerbad nicht auskommen, Kosten können durch Schlüsselübergaben eingespart werden. KL: Wenn die Bäder geschlossen werden, entfällt das Personal sowieso, also erhalten wir Arbeitsplätze. Auch wenn die laufenden Kosten des Südbads gesenkt werden können, stellen nicht die hohen Sanierungskosten den Erhalt des Südbads in Frage? GH: Das große Manko ist der marode bauliche Zustand. Das Bad wurde 1966 erbaut, es feiert also in diesem Jahr sein 40-jähriges Jubiläum. Nach 15 bis 20 Jahren muss bei Bädern eigentlich eine Komplettsanierung erfolgen. Es gibt nur wenige Bäder in NRW, die so alt sind wie das Südbad. Abriss und Neubau wären billiger als eine Sanierung. KL: Die Gutachter haben in einem ihrer Szenarien vorgeschlagen, das Südbad zu erhalten bzw. neu zu bauen, weil es gut frequentiert wird. Das Bad ist voll in den Stadtteil eingebunden. Es wird von Kindern und Senioren gern genutzt und bietet z.B. auch Schwimmen für Schwerbehinderte an. Es war eine politische Entscheidung des Rats, sich für eine dezentrale Lösung, also den Erhalt der Bäder in Roxel und Wolbeck auszusprechen. Die DLRG hält diese Bäder für ihre Zwecke für nicht geeignet, wohl aber das Südbad. Nach der ersten Unterschriftensammlung haben Sie innerhalb von drei Monaten zahlreiche Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen das Bäderkonzept gesammelt. Nun hat der Rat auf seiner Sitzung am 5. April das Bürgerbegehren als rechtlich unzulässig abgelehnt. Wie geht es weiter? GH: Das Organisationsteam für das Bürgerbegehren, das sind DLRG, IG Schwimmen, Schulpflegschaften und die BI Südbad, hat 15.700 gültige Stimmen gesammelt. Damit war das Bürgerbegehren erfolgreich. Benötigt wurden nur 8.500 Stimmen, dies entspricht dem Quorum von 4 Prozent der Wahlberechtigten. Das Orgateam hat sich von der Stadt schriftlich bestätigen lassen, dass das Bürgerbegehren von der Form her zulässig ist. Hätte der Rat das Bürgerbegehren rechtlich nicht für unzulässig erklärt, hätte es im Juni, also noch vor der Sommerpause, einen Urnengang zum Bürgerentscheid gegeben. Für einen positiven Ausgang des Bürgerentscheids wären 42.000 Ja-Stimmen notwendig. KL: Das Orgateam bleibt hoffnungsfroh, dass das Bürgerbegehren nicht anfechtbar ist. Jetzt nach der ablehnenden Ratsentscheidung liegt das Bürgerbegehren erst mal auf Eis. Es bleibt genügend Zeit, sich weitere rechtliche Schritte zu überlegen. In einem Offenen Brief an OB Tillmann hat die Bürgerinitiative ihre Enttäuschung über die spitzfindige juristische Auslegung zum Ausdruck gebracht. Wir möchten trotz allem kooperieren, daher regen wir einen Runden Tisch mit allen Beteiligten an, um gemeinsame Lösungswege für ein Bäderkonzept zu entwickeln. Der SV Blau-Weiß Aasee hat auf einer Vorstandssitzung beschlossen, das Anliegen der BI Südbad zu unterstützen. Wie können unsere Mitglieder konkret helfen? KL: Wählen gehen, wenn der Bürgerentscheid ansteht. Außerdem freuen wir uns über jedes neue Mitglied im Förderverein und würden eine Fördermitgliedschaft des SV Blau-Weiß Aasee begrüßen. GH: Ein großer Förderverein ist eine starke Lobby für
das Südbad. |
Aaseher Sommer 2006: Das Südbad retten