Unsere Anschrift: Bonhoefferstraße
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Wer war Dietrich Bonhoeffer?
Am 4. Februar diesen Jahres wäre Dietrich Bonhoeffer 100
Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass veröffentlichen wir einen
Artikel wieder, den Detlef Ruschinzik für die Ausgabe August
1994 des Aasehers geschrieben hat. Damals war er als Student Fußballer
beim SV Blau-Weiß Aasee. Heute ist er Pfarrer in Havixbeck.
Die Heimat des SV Blau-Weiß Aasee liegt bekanntlich an der
Bonhoefferstraße. Wer aber war Dietrich Bonhoeffer? Gibt es
eine Verbindung zum Verein? Beim 08/15 Quiz würde die Frage
wahrscheinlich so lauten: War Dietrich Bonhoeffer
a) der Erfinder des Schalker Kreisel
b) Münsters Türmer von 1718-1764
c) Ein evangelischer Theologe und Widerstandskämpfer?
Was auf dem Straßenschild steht
Auf Anhieb würden wir selbstredend auf Antwort c) tippen, da
- der Stadt Münster sei Dank - am Straßenschild der nach
ihm benannten Straße für interessierte Zeitgenossen ein
kleines Zusatzschild mit eben dieser Information angebracht ist.
Ich denke, es lohnt sich aber auch noch ein wenig genauer nachzufragen,
wer dieser Dietrich Bonhoeffer war. Und das nicht nur, weil in diesem
Jahr der Film "Schindlers Liste" acht Oskars eingeheimst
hat, 50 Jahre D-Day gefeiert und an den 50. Jahrestag des Attentats
auf Hitler gedacht wird.
Was nicht auf Straßenschildern steht
Am 4. Februar 1906 als sechstes von acht Geschwistern in Breslau
(Schlesien) geboren, studierte Dietrich Bonhoeffer in Tübingen,
Rom und Berlin evangelische Theologie. Seine Promotionsschrift "Sanctorum
Communio" erregte ebenso Aufsehen wie seine Habilitationsschrift
"Akt und Sein". Schon früh suchte und pflegte Bonhoeffer
(weltweite) ökumenische Kontakte. So studierte er ein Jahr
am Union Theological Seminary (USA), absolvierte seine Vikariatszeit
in Barcelona und arbeitete als Pfarrer in London. Zwischenzeitlich
war er in Berlin Studentenpfarrer.
Im Widerstand
Hitlers Machtergreifung zog Bonhoeffer wie nie zuvor in den Tageskampf
seiner Kirche hinein. Bald stand der nun 27jährige im Zentrum
der Opposition, antreibend, kritisierend. Oft fanden seine Vorschläge
zu Aktionen keine Mehrheit bei den Amtsbrüdern. Wer war schon
dieser junge, unbekannte Mann für die Erfahrenen im Amt? Angesichts
seiner Erfolgslosigkeit trat Bonhoeffer den Rückzug aus der
vordersten Kampflinie an und trat im Oktober 1933 das Amt des Pfarrers
in einer Londoner Auslandsgemeinde an. Vorher wurde er jedoch noch
Mitglied im von Martin Niemöller gegründeten Pfarrernotbund
der Bekennenden Kirche (protestantische Widerstandsbewegung).
Zwei Jahre später kehrte er zurück nach Deutschland und
wurde Leiter des Predigerseminars der Bekennenden Kirche in Finkenwalde.
1936 wurde ihm die Lehrerlaubnis entzogen und ein Jahr später
das Seminar von der SS vorübergehend aufgelöst. Ein Jahr
danach wurde Bonhoeffer aus Berlin ausgewiesen und mit der zweiten
Auflösung des Predigerseminars erhielt er Redeverbot, später
dann auch Schreibverbot.
Tod im KZ
Dietrich Bonhoeffer schloss sich der politischen Widerstandsbewegung
im Kreis der Abwehr an, von der er 1942 über den englischen
Bischof von Chichester G. Bell die englische Regierung zu unterrichten
suchte. Leider ohne Erfolg. Am 5. April 1943 wurde er verhaftet
und in den letzten Kriegstagen mit den führenden Männern
der Abwehr (Canaris, Oster) zusammen im KZ Flossenbürg wie
sein Bruder Klaus und zwei Schwager ermordet.
Im Mittelpunkt seiner Theologie stehen das Kirchenproblem, die "Diesseitigkeit"
des Christentums und die "nichtreligiöse" Interpretation
der biblischen Begriffe in der mündig gewordenen Welt sowie
Fragen der Ethik. Wegweisend ist die Bedeutung Bonhoeffers auch
für die Theologie der Gegenwart, die in den letzten Jahren
ein steigendes Interesse am Leben und Werk Bonhoeffers zeigte. Aus
seiner Haft heraus sind Briefe und Gedichte erhalten, die in dem
viel beachteten Buch "Widerstand und Ergebung" gesammelt
und veröffentlicht sind.
Bonhoefferstraße - nur ein Name?
Als Mitglieder eines Sportvereins, der über den "Tellerrand"
der eigenen Interessen hinausschaut, sind wir Frauen und Männer
vom SV Blau-Weiß Aasee stolz, unser Domizil an einer Straße
zu haben, die nach diesem Menschen benannt ist. Sein Kampf gegen
das Terrorregime der Nazis soll uns Mut machen, auch in unseren
Tagen Augen und Ohren offen zu halten und gegen Faschismus, Unrecht
und Fremdenfeindlichkeit Flagge zu zeigen.
Eines der bekanntesten Gedichte schrieb er angesichts des sicheren
Todes am Silvestertag 1944. Die Hoffnung, die in diesen Zeilen deutlich
wird, möge uns ein Beispiel sein, wie Glaube gerade in aussichtslosen
Situationen Quelle der Kraft und Zuversicht sein kann.
Von guten Mächten
wunderbar geborgen
erwarten wir getrost
was kommen mag.
Gott ist bei uns
am Abend und am Morgen
und ganz gewiss
an jedem neuen Tag.
Detlef Ruschinzik
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