WM trägt zu anderer Wahrnehmung
bei
1 Hinter der WM steht der Weltverband für Sport mit Menschen
mit geistiger Behinderung und Lernbehinderung INAS-FID (International
Sports Federation for Persons with Intellectual Disability). Nationaler
Ausrichter war die "Fußball WM 2006 der Menschen mit
Behinderung gGmbH", getragen vom Bundesverband und Landesverband
NRW der Lebenshilfe, dem Deutschen Behindertensportverband und dem
Behindertensportverband NRW, mit Unterstützung des Deutschen
Fußballbundes. 2 Die Fußball WM der Menschen mit Behinderung gibt es seit
1994. Sie wird alle vier Jahre ausgespielt und findet immer in dem
Land statt, das auch die Fußball WM der Menschen ohne Behinderung
ausrichtet. Also nächstes Mal (vielleicht?) in Südafrika. 3 Da gab es eine ganze Menge Aktionen, die die Lebenshilfe und Westfalenfleiß in Kooperation mit anderen Organisationen und Unternehmen rund um die WM als Sympathiekampagne für Menschen mit Behinderung in Münster organisiert hatten. So war z.B. die Wanderausstellung zum Thema "Es ist normal verschieden zu sein", im Zwei-Wochen-Rhythmus in verschiedenen Firmen und Institutionen in Münster zu sehen. Der WM-Promotion-Truck mit vielfältigem Programm und zahlreichen Aktionen machte auf dem Hafenplatz Station. Im DJK-Bildungs- und Sportzentrum Münster gab es ein Torwandschießen mit ca. 30 prominenten Persönlichkeiten aus Münsters Politik und Gesellschaft. Die Tanzgruppe "Schrittwechsel" präsentierte zu verschiedenen Anlässen ihr kreatives tänzerisches Können. Das Kunstprojekt "Probierstube" hatte im Rahmen von "Schauraum" eine bemerkenswerte Ausstellung. Das "Schrägstrichtheater" feierte mit seinem neuen Stück "Up and Down" eine ausverkaufte und umjubelte Premiere. Die "Schätzbude", eine Art "Wettbüro", in dem jeder Interessierte einen Tipp zur Zuschauerzahl beim Vorrundenspiel in Münster abgegeben und attraktive Preise gewinnen konnte, hatte zwei Tage lang ihren Standort in der Innenstadt. Und schließlich feierten 400 Fans, Freunde und Unterstützer des Spiels in der "Weltmeisterschaftsdisco" in der Sputnikhalle den krönenden Abschluss der Kampagne. 4 Die Resonanz war überwältigend. Wir hatten 4.400 begeisterte Besucher im Stadion. Vor allem hat es mich gefreut, dass auch viele Schulklassen den Weg nach Hiltrup gefunden haben. Die Stimmung war super! Davon zeugten auch die Berichte in der Presse anschließend. Ich denke schon, dass das Ereignis eine nachhaltige Wirkung entfaltet. Diese WM hat sicherlich dazu beigetragen, dass Menschen mit Behinderung in der Öffentlichkeit mit einem anderen Blick gesehen werden, dass nämlich zuerst der Mensch mit seinen individuellen Fähigkeiten gesehen wird und nicht die Behinderung im Vordergrund steht. Das Motto der Lebenshilfe "Es ist normal verschieden zu sein" konnte in dieser WM gut transportiert werden. 5 Mein persönliches WM-Erlebnis war das Endspiel in der mit 14.500 jubelnden Zuschauern besetzten BayArena in Leverkusen. Ich war mit meinem Mann und meinen beiden Söhnen da. Obwohl ich alles andere als ein Fußball-Fan bin, hat mich dieses spannende Spiel, in dem die Mannschaft von Saudi-Arabien schließlich nach einem dramatischen Elfmeterschießen den Sieg über die Niederländer errang, richtig mitgerissen. Als unser Alt-Bundeskanzler, Gerhard Schröder, der Schirmherr der WM war, dem neuen Weltmeister den Pokal überreichte, war ich richtig gerührt. Dass mich Fußball so begeistern kann, hätte ich niemals gedacht! 6 Die Lebenshilfe ist ein Selbsthilfeverein, der die Interessen von Menschen mit geistiger Behinderung und ihren Angehörigen vertritt. Eltern und zunehmend auch Menschen mit geistiger Behinderung selbst unterstützen sich gegenseitig, ihr Leben zu gestalten. Darüber hinaus bietet die Lebenshilfe Unterstützung durch professionelle Mitarbeiter in verschiedenen Einrichtungen und Diensten an. Die Lebenshilfe setzt sich für die Verbesserung der Lebensqualität sowie die gesellschaftliche Anerkennung und Teilhabe von Menschen mit Behinderung ein. Sie unterstützt Menschen mit geistiger Behinderung auf ihrem Weg zu immer mehr Selbst- und Mitbestimmung. 7 Der Freizeitbereich schafft organisatorische Rahmenbedingungen, gibt Impulse und begleitet Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit geistiger Behinderung bei der Gestaltung ihrer Freizeit. Es gibt feste Freizeit- und Sportgruppen, Bildungs- und Kulturangebote, Projekte, Urlaubs- und Ferienreisen, Feste und Veranstaltungen. Zunehmend kooperieren wir mit anderen Freizeit- und Sporteinrichtungen in Münster im integrativen Bereich. Unser Ziel ist es, dass Menschen mit Behinderung ihre Freizeit verbringen können, wie alle anderen Bürger der Stadt auch, nämlich in Jugendeinrichtungen, Sportvereinen, Bildungshäusern, Kirchengemeinden, etc. in ihrem jeweiligen Stadtteil. Dort, wo sich ihre nichtbehinderten Nachbarn je nach Interessenslage auch aufhalten und nicht separiert in "Behinderten-Spezial-Angeboten". Dieses Ziel fasst die Fachwelt unter dem Begriff "Inklusion" zusammen. Das bedeutet, dass Menschen mit Behinderung von Anfang an überall dabei sind, vom Kindergarten über Schule, Wohnen, Freizeit bis hin zur Arbeit. Der Weg ist noch weit. Daran arbeiten bei uns im Freizeitbereich vier hauptamtliche MitarbeiterInnen (in Teilzeitarbeit), ein Zivi und ca. 60 ehrenamtliche Kräfte. Ihr von Blau-Weiß Aasee habt in Sachen "Inklusion" schon einen Super-Anfang gemacht. 8 Wir hatten natürlich gehofft, dass es ein erfolgreiches Projekt wird. Dass es sich aber so nachhaltig etabliert, davon konnten wir eigentlich nur träumen. Wir freuen uns darüber sehr! Dieser Erfolg ist aber auch im Wesentlichen dem Engagement eurer Leute im Verein zu verdanken. Insbesondere Du, Björn bist maßgeblich daran beteiligt, dafür möchte ich mich an dieser Stelle noch einmal herzlich bedanken. 9 Vielleicht wäre es eine gute Idee, so etwas wie die sportmotorische Grundausbildung für Kinder auch als integratives Angebot im Erwachsenenalter mit ins Programm zu nehmen. Es soll da nicht die Ausübung einer bestimmten Sportart im Vordergrund stehen, sondern je nach Wünschen und Bedürfnissen der Teilnehmer die Möglichkeit, einfach mal verschiedene Sachen auszuprobieren, z.B. eine zeitlang Federball spielen, dann Gymnastik, dann autogenes Training/Entspannung, vielleicht ein wenig Tanz oder, oder... Wenn das alles ganz leistungsfrei, nur nach Lust und Laune der jeweiligen Teilnehmer stattfindet, können auch Menschen mit Behinderung da problemlos mitmachen. 10 Ich bin ja der absolute Krimifan. Zurzeit lese ich das Buch " Sundermann und der Tote ohne Herz" von Andreas Busch. Das ist ein in sehr witzigem Stil geschriebener Krimi, der in Münster spielt. Diese Mischung aus Spannung und Humor mag ich sehr - auch im Leben! |
Aaseher Winter 2006/2007: WM trägt zu anderer Wahrnehmung bei